1.Liebe & Feiertage
Es scheint "Liebe" sei wieder mal in aller Munde, nicht zuletzt deshalb, weil ja der 14 Februar naht, für viele der Tag der Liebe schlechthin. Und es spricht überhaupt nichts dagegen diesen Tag zu feiern, so wie wir auch andere Tage, einen Geburtstag zum Beispiel, hervorheben um einem geliebten Menschen, einem Freund, oder auch uns selbst eine ganz spezielle Freude zu bereiten, um den anderen auf eine besondere Art zu zeigen, dass sie uns wichtig sind, dass wir an sie denken; um uns selbst zu zeigen, dass auch wir wichtig sind, dass wir uns selbst nicht vergessen, dass wir uns selbst nicht in den anderen Menschen und der Welt verlieren...
Und genau deshalb machen solche Feiertage für viele einen Sinn, weil man sich manchmal erst dann daran erinnert, wie wichtig die Beziehung zu anderen Mensch für einen ist, wie wichtig die Beziehung zu sich selbst ist.
Es gibt aber gar nicht Wenige, die aus verschiedenen Gründen mit dieser Art Feiertagen überhaupt nichts anfangen können. Es muss sich in solchen Fällen nicht gleich um ein Trauma handeln, es hängt oft einfach mit dem jeweiligen Persönlichkeitstypus zusammen (ja, ja, wir sind nie zu 100% extra-bzw. introvertiert, von den unzähligen Differenzierungen mal ganz abgesehen, ich habe ja nicht vor, hier eine nach Jung vertiefte Analyse durchzuführen, hahaha). Und ein Persönlichkeitstypus ist bekanntlich keine Krankheit. Auch ist die Abneigung bestimmten Feiertagen gegenüber ebenfalls in Ordnung, denn wir sind ja alle unterschiedlich, wir brauchen und empfinden nicht immer Dasselbe, verstehen unter demselben Wort bei weitem nicht immer Dasselbe -wenn wir z.B. "Liebe" meinen - das können und sollen wir auch nicht. Was wir allerdings tun können, ist jeden Tag die besonderen Augenblicke der Zuneigung, Fürsorge und Wertschätzung (die proto-indoeuropäische Wortwurzel *leubh,- bedeutet eben "gern, lieb haben", "begehren", "to care, desire, love") aufzuspüren, sie wahrnehmen aber auch für die anderen Menschen sichtbar zu machen. Ich denke diese Augenblicke machen uns jedes Mal ein bisschen glücklicher, und dadurch machen auch wir unsere Umgebung glücklicher.
2.Liebe ist ätherisch
Das Wort "Liebe" entzieht sich also einer eindeutigen Erklärung, es ist kaum möglich die unterschiedlichsten Facetten des Begriffs in einem einzigen Nomen einzufangen (diese Tatsache liebe ich
übrigens- nomen est omen- dass sich ein Gedanke, ein Gefühl, eine Idee nicht durch ein einziges Wort erklären lassen, man muss meistens tiefer in eine Sprache hineintauchen und entdeckt dabei
ungeahnte semantische Welten :-); und ich bin der Meinung, das muss man auch nicht, man muss die Fülle des Begriffs "nicht zäumen".
Nicht zuletzt deshalb bedienen sich die Sprachen einer Umschreibung anhand verschiedener Mittel - Mutterliebe, Liebe zum Kind, körperliche Liebe, platonische Liebe, Freundschaftsliebe (amicitiae
amor in Latein), Selbstliebe (amor sui). Zuweilen bringen sie unterschiedliche Namen hervor, wie z.B. altgriechischer Eros (assoziiert mit körperlicher Liebe, sinnlichem Verlangen), Agape (in
konkreter Bedeutung als Nächstenliebe, Fürsorge in frühchristlichen Gemeinden, Liebe zum Gott und vice versa, lat. caritas), Philia, Autophilia (sowohl als positiv verstandene Selbstfürsorge als
auch Narzissmus im negativen Sinne).
Und dennoch, trotzt all den raffinierten Versuchen, bleibt das Wort und die Liebe selbst, das, was jeder von uns darunter in den jeweiligen Momenten im Leben versteht - flüchtig, ätherisch,
kostbar, es ist ein aufwendiger Weg sie aufzufangen und zu bewahren; trotz ihres "ätherischen" Wesens hinterlässt sie immer Spuren, Liebes- Duftspuren - sie kann süß, bitter, herb sein, sie kann
einem sogar ... stinken, wie ich neulich von einer Freundin erfahren habe. Unsere Wahrnehmung der Liebe ändert sich abhängig davon, wie es uns gerade geht, wie sich unser Körper und Geist fühlen,
wo wir uns im Alltag oder auf unserem Lebensweg befinden. Sogar dieselbe Liebe unterliegt unseren Wahrnehmungsschwankungen (denn hormonellen auch :-)), ihr Duft ändert sich, manchmal nehmen wir
ihn auch gar nicht mehr wahr, entweder, weil sich unsere (Liebes)Duftrezeptoren daran gewöhnt haben, oder weil er tatsächlich verflogen ist, verschwunden, weit oben im Äther (αιθηρ), was bleibt
ist Erinnerung, Trauer, Dankbarkeit, zuweilen Wut oder Erleichterung...
All diese Eigenschaften kann man mit denen der ätherischen Öle gleichsetzen, genauso ergeht es uns bei der Begegnung mit ihnen: sie sind sehr kostbar aber auch brennbar (wie die Liebe ja auch!), unglaublich facettenreich in ihrer Duftvielfalt und (nicht nur) therapeutischer Wirkung, sie berühren den Geist, den Körper und die Seele um sich dann in den höheren Luftschichten- im Äther - zu verflüchtigen; interessanterweise ist Äther in der griechischen Dichtung z.B. weiblich (also "die") und in der griechischen Philosophie gibt es die Tradition ihn (sie) als göttliches, erhabenes Element in der menschlicher Seele zu verstehen, als einen feinen Urstoff, eine Art "Weltseele". Ein sehr schöner Gedanke für mich: durch die Anwendung gelangen die ätherischen Öle als göttliches Element ins Innere des Menschen hinein.
3. Ätherische Öle & Liebe
Ich habe mich durch einen unglaublichen Zufall (während eines Trail-Laufs an einem Rosengarten vorbei im Juni ) in die naturreinen ätherischen Öle vor einigen Jahren verliebt. Aus der
Verliebtheit wurde Begeisterung, wahrhafte Wertschätzung, Kenntnis der Essenz, Liebe. Sie sind meine treue Begleiter geworden und machen mein Leben schöner und glücklicher, so einfach ist das,
ja. Allein aus diesem Grund könnte ich sie alle mit Liebe in Verbindung setzen :-) Tatsächlich lassen sich sehr viele ätherische Öle in schöne und wirksame Kompositionen einbinden, je nachdem wie
(Anwendungsart) und auf welcher Ebene (körperlich, energetisch, geistig/psychisch) das Thema "Liebe" angegangen werden soll. Um einige zu nennen: Vanille, Silbertanne, Neroli, Muskatellersalbei,
Grapefruit, Melisse, Orange süß, Cistrose (leistet übrigens hervorragende Dienste nach einer Weisheitszahn Extraktion!), Mandarine rot, Palmarosa, Zitronenverbene, Bergamotte, Vetiver, Benzoe Siam, Jasmin und Rose (ich bevorzuge Absolues, deren Duft für mich etwas
wunderbar Magisches in sich entfaltet).Vor allem gehören die letzten 6 genannten zu meinen "Lieblingen".
Es gibt aber natürlich den "Einen", besser gesagt "das" Eine (Öl). Es ist ein ätherisches Öl, das in meinem Leben der letzten Jahre eine ganz besondere Stellung eingenommen hat. Als Fixativ
(verantwortlich dafür sind Ketone und Sesquiterpenole) findet es oft in den Parfums seine Verwendung, seltener in der Aromatherapie. Sein Duftcharakter ist tief, wirkt wie ein Balsam,
erinnert an Erde und rauchiges Holz. Ich würde es, auch mit einer manchmal rauer, dunkler und doch balsamischer Stimme eines Jazzsängers vergleichen. Unter anderem dieser Duftcharakter gab mir
persönlich - ich spreche hier von einer persönlichen Erfahrung- eine enorme Unterstützung in den schwierigsten Momenten. Ich benutzte es einige Zeit sogar pur "rund um die Uhr" in einem
Aromavernebler (obwohl es sich dafür - weil es zähflüssig ist, nicht wirklich eignet) und konnte meinen Alltag gelassener und dennoch sehr fokussiert meistern. Das Öl besitzt eine starke
"erdende" Kraft, entspannt, beruhigt kreisende und verwirrende Gedanken (welche oft das Einschlafen erschweren), schenkt inneres Gleichgewicht und Selbstvertrauen zurück.
Das "eine" Öl, welches mit mir nun durch dick und dünn geht heißt Chrysopogon / Vetiveria zizanioides, VETIVER.
Es ist ein Gras, scheinbar ... unscheinbar, das in tropischen Ländern wächst und inzwischen auch weltweit angebaut wird. Seine bis zu 3 m langen, geflochtenen Wurzeln dringen tief in den Boden
hinein, schützen ihn vor Erosion und entgiften. Ich muss sofort an die Signatur des Vetivers denken, die mir erlaubt aus dem Äußerem der Pflanze auf ihr Inneres, ihr wirkendes Wesen zu
schließen
(in Anlehnung an signatura rerum Signaturlehre, welche - in dem sie die Ähnlichkeiten und innere Zusammenhänge in der Natur aufspürt- die Analogien u.a. zwischen Farbe, Geruch,
Standort und Entstehungszeit, Geschmack und Wirkung aufdeckt). Die grüne Farbe der Vetiveria schafft innere Balance zwischen Geist, Körper und Seele, steht für Harmonie und Heilung, wenn sie die
Stimmungsschwankungen besänftigt. Ihr Wurzelgeflecht macht sie widerstandsfähig und stabilisiert gleichzeitig die Umgebung. So auch das ätherische Öl, das aus diesen Wurzeln gewonnen wird: es
verleiht uns Stärke, sodass wir in uns verankert bleiben, uns unserem Selbst öffnet, wodurch wir trotzt Widerstände den anderen Menschen und der Welt mit Liebe begegnen können.
DIY Rezept für einen Riechstift
Duftmischung Amor sui - Ich mag mich :-)
2 Tropfen Vetiver (Vetiveria zizanioides)
2 Tropfen Lavendel fein (Lavandula angustifolia)
1 Tropfen Jasmin Absolue (Jasminum grandiflorum)
3 Tropfen Bergamotte (Citrus bergamia)
2 Tropfen Orange (Citrus sinensis)
Meine Kreationen, die u.a. Jasmin und Rose Absolue enthalten:
Zitronenverbene findest du in: "au bon moment LUI"
Rose persisch und Bergamotte u.a. in "bonheur"
Lass dich begeistern und erheitern:-)
Kommentar schreiben
Gudrun (Samstag, 06 Februar 2021 22:47)
Was für ein wunderbarer Text, so vielschichtig und philosophisch!
Vetiver hat mich durch ein Missgeschick mehrere Wochen hindurch an meinem Arbeitsplatz begleitet und ich kann nur voll zustimmen, dass der Duft im ersten Moment wohl gewöhnungsbedürftig sein mag. Er hat aber auch durchaus Suchtpotential.
Ich freue mich schon darauf hier weiterlesen zu können....
Jasmin (Samstag, 13 Februar 2021 13:27)
Ein wirklich schöner Einstieg in den Blog...
Dabei fand ich es beim Lesen besonders angenehm, wie der Stil des Textes genau an der richtigen Stelle zwischen informativ-sachlich und persönlich liegt. Man hat Spaß am Lesen und fühlt sich gleichzeitig gut informiert über ein spannendes Thema.
Ich freue mich zu entdecken, was in Zukunft folgt :)
Gabi (Montag, 15 März 2021 19:48)
Wenn auch mit Verspätung, vielen herzlichen Dank für den tollen Bericht !! Ich bin noch " Neuling " in der Welt der Düfte, bin aber jetzt schon unglaublich faziniert, von der Wirkung, der Bedeutung und den vielen Möglichkeiten, die uns die Natur, in Form von den Ölen, schenkt. Ich freue mich schon und bin gespannt auf den nächsten Beitrag :)